Schulprojekt St. Joseph School im Kayole-Slum von Nairobi/Kenia

- Projektskizze -  

 

Jedes Jahr findet im Rahmen von Projektwochen am Oberstufen-Kolleg und an der Von-Zumbusch-Gesamtschule Herzebrock eine Exkursion mit einigen Schüler_innen nach Kenia statt. Schwerpunktmäßig wird dort die St. Joseph School besucht und es werden Projekte mit den Schulkindern durchgeführt.

Diese kleine Slum-Schule ist gegründet worden, nachdem ich zwei Jahre eine Schulexkursion nach Kenia begleitet hatte, bei der wir verschiedene Schulen des Landes und auch Slums in Nairobi besucht haben. Das Elend zu sehen und zu erleben war eine große emotionale Belastung – vor allem, wenn man dem so gar nichts entgegensetzen kann. Daher war die logische Konsequenz, dass wir zumindest versuchen sollten, einen Stein ins Rollen zu bringen, der vor Ort etwas bewirken kann. Die Gründung der St. Joseph School wurde dann von Herrn George Makori initiiert, einem Lehrer, der selber aus einem Slum stammt und durch ein Stipendium der Schul- und Universitätsabschluss ermöglicht wurde. Bis heute empfindet Herr Makori tiefe Dankbarkeit und möchte ein wenig „Wiedergutmachung“ bewirken.

 

Die St. Joseph School ermöglicht es den Kindern aus dem umliegenden Slum zur Schule zu gehen, da sie kein Schulgeld zahlen müssen und dort auch kostenfrei essen können. Diese Schule ist schon allein deshalb etwas ganz Besonderes, da Kinder dort nicht geschlagen werden – etwas, das offiziell verboten ist, aber an Schulen absolut üblich ist.

 

George Makori, der Schulleiter steht in engem Kontakt zu uns – dem Vorstand des Habari Kenia Clubs, der die Schule aus Spendengeldern finanziert. Seine pädagogische Haltung ist geprägt von Respekt gegenüber den Kindern und natürlich auch den LehrerInnen, die in diesem Sinn auch geschult werden. Erst dieser Umstand ermöglicht es, eine wohlwollende, ermutigende und liebevolle Haltung den Kindern gegenüber einzunehmen. Die Ausbildung und Stärkung eines Selbst, Selbstmotivierung und Selbstberuhigung wird dadurch erst möglich.

 

Der Unterricht erfolgt aus Kostengründen in jahrgangsübergreifenden Klassen. Dabei ist es wirklich toll zu sehen, wie liebevoll die Lehrerinnen mit den Schülern umgehen. Am Ende der jeweiligen Semester finden staatlich verordnete Abschlussprüfungen statt. Als ich mir diese angeschaut habe, war ein Test dabei, bei dem alle Aufgaben falsch waren. Auf meine Nachfrage hin, was es mit diesem Test auf sich habe, erklärte mir die Lehrerin, dass es eben ein kleiner Junge sei, der sich langsamer entwickle als die anderen und am Ende der kleinen anstehenden Ferien könnte es wieder ganz anders sein. Das hat mich sehr beeindruckt denn da ich selber Lehrerin bin, weiß ich, wie manche Kolleg_innen hier mit solchen Resultaten umgehen! Bei den zahlreichen Besuchen vor Ort ist es wunderbar gewesen, die Entwicklung der Kinder zu sehen – von sehr ernsten und schüchternen Kindern zu fröhlichen und selbstbewussten kleinen Persönlichkeiten.

 

Dieser Umstand ist insbesondere bemerkenswert, da die Umgebung so hoffnungs- und trostlos ist. Die Mütter der Schüler_innen arbeiten im nahegelegenen Steinbruch und klopfen vom Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang Steine zu Schotter. Dies ohne Schutzbrille und ohne Schutzhandschuhe unter gleißender Sonne. Das bedeutet natürlich auch, dass es zu vielen Verletzungen kommt und Frauen ihr Augenlicht verlieren oder an Infektionen sterben und die Kinder als Waisen zurücklassen. Die Kinder wiederum helfen ihren Müttern so gut es geht und klopfen selber Steine, wenn sie nicht zur Schule gehen können. Der einzige „alternative“ Beruf ist, als Prostituierte zu arbeiten, was unter den Bedingungen des Slums auch automatisch bedeutet, früher oder später HIV-positiv zu sein. Genau dies sind aber auch die einzigen Berufe, die für die Kinder ohne Schulabschluss in Frage kommen. Ein Leben in absoluter Perspektivlosigkeit.

 

Die Begegnung mit den Kindern berührt einen zutiefst und ist z. T. beschämend. Sophie z. B., eine Schülerin, die seit der Gründung der Schule dabei ist, ist so unendlich dankbar für diese Möglichkeit zur Schule gehen zu können. Sie freut sich jedes Mal riesig, wenn ich sie besuchen komme und zeigt mir stolz ihre bisherigen Zeugnisse. Beim letzten Besuch führte sie mich durch den Slum in ihr Zuhause zu ihrer Mutter. Ein Blechverschlag ohne Wasser, ohne Abfluss und nur eine Matte am Boden zum Schlafen -- ohne Decken. Die Mutter ist ebenfalls HIV-positiv und kann sich keine Medikamente leisten -- sorgt sich um die Zukunft ihrer Tochter, ihre eigene ist ihr mit 29 Jahren bereits gleichgültig. Solche Bilder lassen einen nicht mehr los und wenn ich wieder zurückfliege, fühle ich mich unwohl in meiner Wohnung mit warmem Bett, fließendem Wasser und sanitärer Einrichtung.

 

Wir hoffen, dass das Projekt noch lange laufen kann und möglichst vielen Kindern eine Chance auf ein menschenwürdiges Leben gibt – die Finanzierung sowohl der Fahrten als auch – noch wichtiger – der Schule ist ein Unsicherheitsfaktor, der auf Dauer nicht kalkulierbar ist.

 

I. Rath-Arnold